disadorno edition



Den zahlreich erwähn­ten klei­nen Archi­tek­turen in Nah­sicht, eine Rampe oder ein Gelän­der etwa, ent­sprechen die viel­fach beach­teten Fern­sich­ten – ein Pano­rama­blick, ein Berg­blick, ein Pass samt Hotel. Der genius loci der aus­gesuch­ten Orte ist in den Augen von Monika Hart­mann und Claude Vaucher nicht zu­letzt ein geheim­nis­vol­ler. Er bleibt un­aus­sprech­lich, manchmal verwunschen, auch tief mystisch. Und er er­weist sich als in der Tra­di­tion wurzelnd: sorg­fäl­tig aus­gesucht ist das Mate­rial, aus­ge­wo­gen ist die Wahl der Mittel. Auch Ex­zent­risches, Un­ge­wöhn­liches und Über­rasch­endes hat darin Platz. Topo­graphie. Land­schaft. Archi­tek­tur Orte be­sit­zen etwas Vor­han­denes, das Archi­tek­turen voraus­geht: Topo­graphie, Land­schaft und Ge­schichte, Nach­bar­schaf­ten, Gren­zen und kultu­relle Ver­flech­tungen. Archi­tek­tur und Ort gehen im Moment ihres Auf­einan­der­treffens, ob beab­sichtigt oder nicht, eine dia­logische Ver­bin­dung ein, sie ver­wickeln sich gegen­sei­tig in ein Ge­spräch. Wenn wir vom Genius loci sprechen, meinen wir ein Be­seel­tes, Auf­gela­denes, etwas Bedeu­tungs­volles, einen Ort, der von sei­ner mate­riellen Be­schaffen­heit be­dingt ist und der von der Art und Weise ge­prägt wird, wie wir ihn lesen und inter­pre­tie­ren. In ihm teilen sich Atmo­sphärisches, Stim­mungen, viel­leicht sogar so etwas wie eine Aura mit.

Mehr als die Summe der Einzel­teile
Nicht nur der Geist eines Ortes an sich ver­ändert sich, auch der Be­griff selbst hat eine Geschichte, an die in der letzten Zeit an­ge­knüpft und die mit ver­änder­tem Blick fort­geschrie­ben wird. Natur und Kul­tur stehen sich heute nicht mehr gegen­über, das Eine gibt für das Andere mehr als einen ledig­lich pitto­resken Rahmen und wird zudem als end­liche Res­source be­grif­fen. Gern spricht man heute von Ganz­heit­lich­keit, und dies meint hier eine see­lische Verbindung, eine Kul­tur der Be­zie­hung. Das natür­lich Gege­bene, das Ge­baute und Ge­stal­tete, die Kör­per, Far­ben und For­men, auch Laute, Töne und Ge­räusche ver­schmel­zen an einem Ort zu einer Gesamt­heit all ihrer Eigen­schaf­ten und Be­ziehungen.

Architektur enthüllt das Wesen eines Ortes
Eine entgegengesetzte Richtung des Denkens geht nicht vom Vor­han­denen der Land­schaft aus, son­dern gibt dem Zu­tun der Gestal­tenden erst die Kraft, einen vor­her nicht exis­tenten Genius loci zu schaf­fen. Bauen ist in der Lage, das Wesen einer Land­schaft oder eines Ortes über­haupt zu ent­hül­len, ihnen erst da­durch zu einem ratio­nal und sprach­lich durch­aus nicht immer fass­baren Un­ver­wechsel­baren und Einzig­artigen zu ver­hel­fen. Die Brücke, die aus einer Stelle im Fluss einen Ort und das heißt hier einen be­son­deren Ort, den des Über­gangs schafft, kann dies ver­anschau­lichen.

Die Zeit als vierte Dimension des Bauens
Zeit schreibt sich in das Wechsel­spiel von natür­lich Scheinen­dem und Gestal­tetem stets mit ein. Der Geist eines Ortes steht zu keiner Zeit fest, er wird stets neu ge­fun­den, ge­fühlt, ge­dacht und be­schrieben. In der Denk­mal­theorie geht man eben­falls von der Idee aus, dass Steine nicht reden, dass sie ge­sehen wer­den müssen. Die zeit­liche Dimen­sion, das heißt die Geschichte, ist da­bei so­wohl an Denk­malen als auch an Orten offen. Das Bemerkens­werte von Orten haben Monika Hartmann und Claude Vaucher in einer Konti­nuität von drei Jahr­zehn­ten auch zeich­nend fest­gehal­ten – nicht als Erin­ne­rung ledig­lich, auch als Ein­ladung, diese Orte neu zu suchen.

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Herstellungsinformationen und technische Daten
Gedruckt wurden die Karten mit der Fuji Jet Press 750 bei DZA in Altenburg auf »Kamiko Fly shira« in 200 g/m2 von Inapa. Der Schuber wurde von Madika in Landsberg am Lech gefertigt. Ver­wendete Schrift war die »Legacy Antiqua«.